Ein integrierter Ansatz zur operativen Mengen- und Ablaufplanung in der Prozessindustrie

BearbeiterHanno Sagebiel
Forschungsschwerpunkt

Anlagenbelegungsplanung in der Prozessindustrie

Zusammenfassung

Untersuchungsgegenstand des Promotionsvorhabens ist die Belegungsplanung verfahrenstechnischer Mehrzweckanlagen bei diskreter und bei kontinuierlicher Prozessführung. Ziel der Anlagenbelegungsplanung ist es, einen in Bezug auf eine produktionswirtschaftliche Zielsetzung optimalen detaillierten Ressourceneinsatzplan für die Durchführung von Prozessabschnitten auf den Apparaten der betrachteten Anlage zu ermitteln. In der wissenschaftlichen Literatur sind monolithische Modellierungsansätze vorherrschend, die das Problem als gemischt-ganzzahliges lineares Optimierungsproblem formulieren, das mit Standard-Software gelöst werden kann. Um die Linearität der Modelle gewährleisten zu können, werden jedoch lediglich Spezialfälle der von uns betrachteten Problemstellung untersucht, deren Lösung dennoch selbst bei vergleichsweise kleinen Probleminstanzen prohibitiv viel Rechenzeit beansprucht.

Wir nutzen daher einen heuristischen Dekompositionsansatz, der das Gesamtproblem in ein Mengen- und ein Ablaufplanungsproblem unterteilt. In der Mengenplanung werden auf der Grundlage der Nachfragen an Endprodukten die Prozessabschnittsbedingungen aller beteiligten Prozessabschnitte festgelegt. In der anschließenden Ablaufplanung werden die aus der Mengenplanung resultierenden Operationen auf den verschiedenen Apparaten einer Anlage eingeplant. Bei diskreter Prozessführung liefert dieser Sukzessivplanungsansatz bereits gute Ergebnisse. Bei kontinuierlicher Prozessführung kann die Qualität der Belegungspläne noch weiter verbessert werden, indem die Bestandsverläufe der Zwischenprodukte, die von den Reihenfolgeentscheidungen der Ablaufplanung bestimmt werden, bereits in der Mengenplanung approximativ antizipiert werden. Dies erfolgt mithilfe eines integrierten Mengenplanungsmodells, das unter Berücksichtigung der Reihenfolgeentscheidungen der Ablaufplanung die Prozessabschnittsbedingungen reoptimiert.

Wir präsentieren ein Iterationsverfahren, in dessen Verlauf durch abwechselndes Lösen des integrierten Mengenplanungs- und des Ablaufplanungsproblems der erste Belegungsplan schrittweise verbessert wird. Es kann gezeigt werden, dass dieser Closed- Loop-Ansatz eine monotone Folge von Zielfunktionswerten erzeugt und nach endlich vielen Schritten ein Fixpunkt erreicht wird, der einer lokal optimalen Lösung entspricht.

Bei der Formulierung des Closed-Loop- Algorithmus wurde besonderer Wert auf Flexibilität gelegt. Einerseits sollte eine breite Klasse von produktionswirtschaftlichen Zielen betrachtet werden, andererseits den in der verfahrenstechnischen Literatur diskutierten Randbedingungen der Anlagenbelegungsplanung Rechnung getragen werden.

Die Leistungsfähigkeiten des Sukzessivplanungsansatzes bei diskreter und des Closed-Loop-Ansatzes bei kontinuierlicher Prozessführung wurden auf der Grundlage von Fallstudien aus der Literatur getestet und mit verschiedenen aus der Literatur bekannten Verfahren verglichen. Insbesondere bei Zeitzielen, wie der Minimierung von Zykluszeit oder mittlerer Terminüberschreitung, liefern die entwickelten Modelle und Methoden innerhalb kurzer Rechenzeiten sehr gute Lösungen.